Ein Milchkasten mit Milchfläschchen
und etwas Upcycling
Artikelübersicht

Eine Bastelanleitung zum Upcycling oder Recycling von Actimel-Fläschchen als Spielzeugmilchflaschen
und dazu eine Bauanleitung für einen kleinen Milchkasten aus Sperrholz.
Außerdem noch eine Betrachtung zum Thema Einkaufen gestern und heute und der dazu erforderlichen Kommunikation.
Dirk Trute
am
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Letzte Änderung:.
Einleitende Abschweifung
Der Kindergarten benötigte Materialien zum Einkaufenspielen. Eigentlich würde ich gern mal wissen, wie das heute so geht. Im Ort meiner Kindheit gab es mehrere kleine Läden, in denen es meist nichts und alles gleichermaßen gab. Diese Geschäfte waren mit teilweiser Selbstbedienung, einen großen Teil der Waren gab es jedoch nur hinter oder auch unter dem Ladentisch. Was ein Ladentisch ist, würden unsere Kinder sicherlich fragen. Ein Ladentisch war eine Trennung zwischen Kunden und der Institution Verkäuferin. Wenn man etwas von der anderen Seite des Ladentisches haben wollte, musste man erst einmal sehr freundlich grüßen und genau artikulieren, was man haben wollte. Es musste also kommuniziert werden.
Damit Sie bei so viel Text, der nicht unbedingt zur Sache beiträgt, nicht gleich wieder verschwinden, hier bereits ein paar Bilder des fertigen Milchkastens:
Was ich damit sagen wollte ist, dass es früher viel zum Spielen und damit auch zum Üben gab. Heute ist das anders. Man muss sich Ewigkeiten durch Regalreihen schleppen um das, was gestern noch an dieser Stelle stand, anderen Orts zu suchen. Muss alles in einen Wagen packen, an der Kasse, an der es lärmt und piept, Schlange stehen, egal ob es Bananen gibt oder nicht. Dann muss man das ganze Endkonsumentenzeug auf ein Fließband packen. Es wird von einer hoch frustrierten Akkordarbeiterin, die für ihre Leistungen keinen Orden bekommt, auf die andere Seite der Kasse befördert. Alles wieder in den Wagen packen. Alles wieder vom Wagen in das Endkonsumentengüternachhausetransportbehältnis packen. Am Ort der Endkonsumierung alles wieder auspacken, wegpacken. Stress in Reinkultur! Wo ist die Verkaufskultur?
Bei den Einkäufen meiner Kindheit konnte ich den Einkaufszettel einfach über den Ladentisch reichen, da ich noch nicht lesen konnte. Wenn ich Glück hatte, wurde mir der Einkauf gleich in den Beutel gepackt. Es gab außer ein paar vor sich hin surrende Kühltruhen und einer elektromechanischen Kasse kein Gedudel und kein Gepiepe. Dafür gibt es nun aber immer Bananen!!! Mein Jahreskonsum an Bananen ist noch genauso hoch wie vor 30 Jahren!
Was ich damit sagen wollte ist, dass ich mir nicht vorstellen kann, was und wie man heute Einkaufen spielen kann. Ich muss wohl mal nachfragen.
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Dinge zum Einkaufen spielen. Der Einfall zu den Milchfläschchen ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern stammt von meiner besseren Hälfte. Jedenfalls sehen die Verpackungen von Actimel nicht ganz zufällig aus wie kleine Milchflaschen. Actimel ist vermutlich einMarkenname der Danone GmbH und man hat sich dort über die Verpackung bestimmt auch viele Gedanken gemacht. Auf Grund der Form liegt also eine Umfunktionierung zur Spielzeugmilchflasche nahe. Es muss zum Recycling eigentlich nur das Etikett ausgetauscht werden und man benötigt einen neuen Deckel.
Das Etikett war mein Part. Ich musste sofort an diese Milchverpackungen mit glücklichen Kühen, die auf saftigen Wiesen unter blauem Himmel stehen, denken. Wie ich beim Einkaufen feststellen musste, scheint man heute immer mehr vom Klischee abzuweichen. Da Milchkühe vielerorts auch nicht mehr wissen wie Wiesen und Himmel aussehen, müsste eigentlich auf der Verpackung "Aus Käfighaltung" stehen.
In meiner Kindheit habe ich Kühe sehr geliebt, da diese sehr neugierig waren und sich über Besuch auf der Weide immer gefreut haben. Jedenfalls konnten LPG-Kühe früher, bevor sie weder Milchkühe noch Rouladen waren, den Sommer auf der Weide verbringen. Zwischen den Kühen gab es massenhaft Fladen und noch vielmehr dicke Brummer. Diese Dekoration musste mit auf mein Etikett, die Fladen und die Brummer. Es muss ja zum Glück niemand kaufen oder würden Sie Milch mit Kuhfladen auf der Verpackung kaufen?



Als die Milchflaschen fertig waren, habe ich mich entschlossen, einen Kasten dafür zu bauen. Dabei ist auch etwas schief gegangen. Aber dazu später.
Nun erst einmal die pädagogischen Aspekte unserer Milchflaschen:
- Zum einen kann man sehen, dass Spielsachen auch ganz einfach selbst gemacht werden können.
- Zum anderen, dass man dafür auch vermeintlichen Müll verwenden kann (also Recyclingbasteln).
- Dass Milch auf Grund der Abbildung höchstwahrscheinlich von Kühen stammt und
- dass man etwas Rundes auch in ein viereckiges Loch im Milchkasten stecken kann.
Letzteres ist bei diesen besonders pädagogisch wertvollen Formensteckdingsspielen meistens nicht möglich.
Materialien und Werkzeuge
Und jetzt zu den Dingen, die Sie zum Basteln benötigen. Wie immer kann etwas in der Aufzählung der Materialien und Werkzeuge fehlen.
Materialien
- 6 leere Actimel-Verpackungen
- einen Bogen selbstklebendes A4 Aufkleberpapier für die Etiketten (siehe Kasten links)
- selbstklebende Buchfolie
- Stoffreste für die Deckel
- Gummiringe zum Befestigen der Deckel
- 6 mm Sperrholz (Pappel)
- Holzkaltleim
- 2 mm Schaschlikspieße oder Rundstäbe aus Buchenholz als Dübel
Werkzeuge
- Computer mit Drucker
- Schere, Zackenschere, Cutter
- Andruckroller oder ein weicher Lappen
- Feinsäge, Laubsäge
- Feilen, Schleifpapier
- 1 mm Bohrer, 5 mm Holzbohrer, 20 mm Forstnerbohrer, Bohrer für die Rundstäbe
- Bohrmaschine usw.
Milchfläschchen
Drucken Sie mein Motiv für das Etikett aus oder gestalten Sie selbst eins. Ich habe das Etikett 44 mm hoch gemacht. 4 mm weniger wären besser gewesen. Als 2. Verbesserungsvorschlag sollte sich das Etikett auf der Rückseite ca. einen Zentimeter überlappen und nicht auf Stoß geklebt werden. Der Halt auf der Kunststoffflasche ist dann wesentlich besser.






Als dritten Verbesserungsvorschlag könnten Sie die Fläschchen noch mit etwas ausfüllen, um die Druckfestigkeit zu erhöhen. Zum Beispiel mit einer Mischung aus Gips und Polystyrolkugeln oder Wachs. Vermutlich wird Wachs nicht funktionieren, da die Flaschen dann eventuell zusammenschrumpfen. Ich habe beides nicht ausprobiert. Oder Bauschaum … oder Schwachsinn.
Der Milchkasten
Ich war der Meinung, dass die Milchflaschen noch unbedingt in einen Kasten müssen. Einen ähnlichen Kasten musste ich des Öfteren in der Schule schleppen (nur viel größer). Der Milchkasten ist nach demselben Prinzip wie der Kinderwerkzeugkasten aufgebaut. Er besteht aus mehreren Stücken Pappelsperrholz, die einfach zusammengeleimt sind. Pappelsperrholz habe ich genommen, weil dieses sehr weich ist und ich denke damit das Unfallrisiko etwas zu minimieren, falls der Kasten zu Bruch gehen sollte.
Eine Verbindung der Teile mittels Zinken wäre natürlich besser und handwerklich eleganter, würde aber vielmehr Zeit erfordern. Da es an Letzterer sehr mangelt, wollte ich die Teile zumindest mit kleinen Stücken von Schaschlikspießen aus Buchenholz zusammendübeln. Die Schaschlikdübel sollten hauptsächlich ein Verschieben der Teile untereinander verhindern, wenn man den Kasten in einem Arbeitsschritt zusammenleimen möchte. Die Bohrungen der Dübel sind in der Zeichnung eingetragen. Ich hatte mir das so als Durchgangsdübel gedacht, später habe ich diese dann doch eingespart, was dann dazu führte, dass sich die Trennwände beim Zusammenleimen verschoben haben. Hinterher ist man immer schlauer.





Die Grifföffnung habe ich in mehreren Schritten hergestellt. Die Mittelpunkte der Bohrungen habe ich durch die Papierschablone durchgestochen. Dann beide Bohrungen mit einem 1-mm-Bohrer durchgebohrt. Diese Bohrungen dienen dazu, die Mittelpunkte von beiden Seiten gleichermaßen zu treffen. Um keinen Austrittskrater zu erzeugen, habe ich die 20-mm-Bohrungen von beiden Seiten gebohrt. Das heißt, jeweils erst von einer Seite bis zur Mitte bohren, das Griffteil dann umdrehen und den Rest durchbohren. Dann verbinden Sie die Kanten der Bohrungen mit Strichen und sägen entlang der Linien die Öffnung für den Griff aus. Die Maße für den Griff habe ich experimentell ermittelt. Ich denke, dass er gut in Kinderhände passt.










Zum Abschluss müssen noch alle Kanten abgerundet und die Oberflächen geschliffen werden. Ob Sie die Oberflächen weiter behandeln z. B. lackieren möchten, ist Geschmackssache. Meiner Meinung nach ist dies nicht erforderlich.
Falls doch, muss der Lack definitiv für Kinderspielzeug geeignet und speichelecht sein. Auf dem Gebinde der Farbe sollte z.B. nach DIN EN 71-3 stehen.
Epilog
Die Bastelei des Milchkastens liegt jetzt ein halbes Jahr zurück. Er lebt noch. Nur ein paar der Milchfläschchen haben den Kindergartenalltag nicht überstanden. Die Jungen (natürlich).
Dann habe ich im Kindergarten nachgefragt, wie man heute einkaufen spielt. So wie ich es vermutet habe. Nicht in der Tante Emma- sondern in der Selbstbedienungsvariante, also mit aussuchen und zur Kasse bringen.
Dann habe ich noch auf mein und das Kommunikationsverhalten der anderen Einkaufenden geachtet. Bei mir ist das etwas anders als bei vielen anderen. Es lässt sich in 3 Stichpunkten zusammenfassen:
- Nein ich habe keine Deutschlandcard.
- Ich sammle auch keine Punkte.
- Danke! Ihnen auch!
Um das mit der Kommunikation noch zu vereinfachen, gibt es seit einiger Zeit das passende T-Shirt.
Wie ist das bei Ihnen eigentlich so? Ich frage immer noch "haben Sie vielleicht auch …". Der Mitbürger aus den Altbundesländern fragt: "wo finde ich …" oder "oder Zeigen Sie mir ..."
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Downloads
Die Einzelteile aus der Zeichnung können ausgeschnitten und als Schablonen verwendet werden. Sie müssen dann darauf achten, dass der Ausdruck ohne Anpassung an den Druckbereich bzw. in 100%iger Größe erfolgt. Die Datei vor dem Ausdruck bitte lokal speichern und dann diese drucken.
Hier finden Sie die Zeichnung zum Milchkasten (Seite 1 -3) und die Druckvorlage der Etiketten (Seite 4) als PDF-Download, Dateigröße 467 kB.
Hier noch das Etikett als SVG-Datei zum selbst umgestalten, Dateigröße 140 kB.
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